Die Heilkräfte der Kunst
110
portfolio_page-template-default,single,single-portfolio_page,postid-110,bridge-core-3.2.0,,qode-title-hidden,qode_grid_1200,transparent_content,qode-theme-ver-30.7,qode-theme-bridge,qode_advanced_footer_responsive_1000,qode-portfolio-single-template-1,wpb-js-composer js-comp-ver-7.9,vc_responsive

Die Heilkräfte der Kunst – eine Kunstausstellung die Wellen schlägt

Kunst ist etwas für „Reiche“. Kunst benötigt der Mensch erst, wenn seine anderen Bedürfnisse befriedigt sind. Kunst ist ein Luxusgut. Solche Stimmen höre ich in Sozialarbeiterkreisen nicht selten. So dachte auch meine Chefin Hildegunde Rech, wie sie mir vor vielen Jahren selbst berichtete. Anlass genug für mich, sie in die Ausstellung „Heilkräfte der Kunst – Werke von Joseph Beuys in der Sammlung Axel Hinrich Murken“ mitzunehmen. Die Ausstellung im Landesmuseum in Wiesbaden 2006/2007 war eine Hommage 20 Jahre nach dem Tod des Künstlers und stellte seine künstlerische Auseinandersetzung mit der Medizin in den Vordergrund. Beuys und seine Kunstwerke haben bei Hildegunde eine tiefgreifende Veränderung bewirkt. Vielleicht kam das Thema der ehemaligen Krankenschwester entgegen, vielleicht vermochten die Kunstwerke auf unbewusster Ebene zu wirken, Hildegundes Einstellung zur Kunst hatte sich verändert.

Zunächst als kleine, kaum merkbare Wellenbewegung, die sich im Laufe der Jahre zu einer großen Bereitschaft bei ihr und Fürsprecherin für das Potential von Kunst anwuchs. Zusammen entwickelten wir die gemeinsame Vision einer Kunst“schule“ für alle Kinder und Jugendlichen in Wiesbaden ohne Kosten- oder Mobilitätsschwelle. Die kostenfreien, dezentralen Angebote der Kunstwerker und Kunstkoffer wurden mit ihrer Unterstützung geboren. Installiert in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf können Kinder seit über 10 Jahren an 8 verschiedenen Kunstcontainern und 8 unterschiedlichen Bushaltestellen „Auf der Strasse“ kreativ werden. Auch die wenig später von mir gegründete Kinderkunstgalerie (heute Kinder- und Jugendgalerie) und das Kinderatelier in der Karlstrasse sind Teil der Vision, Kunst und künstlerisches Gestalten unabhängig von der Einkommens- und Bildungssituation der Eltern zu ermöglichen. So wird man heute, im September 2019, lange nach vergleichbaren, so umfangreichen künstlerischen Bildungsangeboten in deutschen Städten suchen. Ohne die hundertprozentige Unterstützung von Hildegunde Rech, als Abteilungsleiterin der Jugendarbeit im Amt für Soziale Arbeit in Wiesbaden, wäre eine solche Vielfalt und ein solcher Reichtum nicht möglich gewesen. Hildegunde ist am 6. September 2019 gestorben. Ich vermisse meine Wegbegleiterin sehr. Mein Dank gilt Joseph Beuys, dem Landesmuseum und allen voran Hildegunde Rech.

Alexandra Waldmann
Gründerin der Kunstwerker, Mitarbeiterin im Amt für Soziale Arbeit Abt. Jugendarbeit